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Qirāʾah (قراءة)
Die Qirāʾāt sind die überlieferten Arten der Rezitation des Qur’an, die sich in Aussprache, Wortformen, Harakāt (Vokalisation) und Grammatik leicht unterscheiden – jedoch nicht in der Bedeutung.
Definition
Eine Qirāʾah ist eine etablierte Rezitationsweise, die auf einen bekannten Rezitations-Imam zurückgeht und über eine authentische Kette von Überlieferern (Isnād) weitergegeben wurde.
Ibn al-Jazarī definiert sie so:
„Die Qirāʾa ist eine bestimmte, authentisch überlieferte Art der Aussprache der Qur'an-Worte, die einem anerkannten Qāriʾ zugeschrieben wird.“
Die Qirāʾāt sind überlieferte Rezitationsarten des Qurans, benannt nach bekannten Imamen der Quranrezitation. Jede Qirāʾa ist:
- Eine authentische, auf zuverlässige Überlieferung beruhende Weise, den Quran zu rezitieren.
- Sie unterscheiden sich in der Aussprache bestimmter Buchstaben, Vokalisation oder Betonung.
- Alle zehn Qirāʾāt, die heute bekannt sind, sind „mutawātir“, d.h. sie wurden durch viele unabhängige Überlieferer überliefert und gelten als authentisch.
Die zehn Qirāʾāt
Die zehn Qirāʾāt (überlieferten Lesearten des Qurans), die wir heute kennen, sind Teil der sieben Aḥruf (offenbarten Lesemodi), in denen der Quran herabgesandt wurde. Die Qirāʾāt stimmen in ihrer Aussprache mit der Schrift des Uthmānischen Mushaf (Quran-Exemplar) überein, auf das sich die Gefährten geeinigt haben.
| Nr. | Qārīʾ | Verst. † | Rāwī 1 | Rāwī 2 |
|---|---|---|---|---|
| 1 | Nāfiʿ | 169 AH | Qālūn | Warsh |
| 2 | Ibn Kathīr | 120 AH | Al-Bazzī | Qunbul |
| 3 | Abū ʿAmr | 154 AH | al-Dūrī | al-Sūsī |
| 4 | Ibn ʿĀmir | 118 AH | Hishām | Ibn Dhakwān |
| 5 | ʿĀṣim | 127 AH | Ḥafṣ | Shuʿba |
| 6 | Ḥamza | 156 AH | Khalaf | Khallād |
| 7 | Al-Kisāʾī | 189 AH | al-Dūrī | Abū al-Ḥārith |
| 8 | Abū Jaʿfar | 130 AH | Ibn Jamāz | Ibn Wardān |
| 9 | Yaʿqūb | 205 AH | Ruways | Ruḥ |
| 10 | Khalaf | 229 AH | Isḥāq | Idrīs |
Die ersten sieben wurden durch Ibn Mujāhid (gest. 324 AH) systematisiert. Die restlichen drei gelten ebenfalls als mutawātir.
Definition der sieben Aḥruf
Die sieben Aḥruf sind sieben Arten sprachlicher Ausdrucksformen (Dialekte oder Rezitationsmodi), auf denen der Qur'an offenbart wurde. Die genaue Bedeutung der Aḥruf ist unter Gelehrten umstritten. Eine verbreitete Meinung besagt, dass sie verschiedene Ausdrucksweisen, Wortvariationen oder Dialekte umfassen, um den unterschiedlichen arabischen Stämmen das Rezitieren zu erleichtern.
Hadith-Beleg:
Im Ṣaḥīḥ von al-Buḫārī und Muslim heißt es:
„Dieser Qur’an wurde in sieben Aḥruf offenbart, also rezitiert, was euch leichtfällt.“ (Ṣaḥīḥ al-Buḫārī)
Beziehung zwischen Aḥruf und Qirāʾāt
- Die sieben Aḥruf sind eine Erleichterung und Flexibilität in der frühen Phase der Offenbarung, die Unterschiede in Dialekten und Ausdrucksweisen erlaubten. - Die Qirāʾāt sind eine selektive Erhaltung von Teilen dieser Aḥruf, die mit der Schrift des ʿUṯmānischen Muṣḥaf übereinstimmen.
Zusammenfassend:
- Alle Qirāʾāt stammen aus den Aḥruf.
- Nicht jeder Aspekt der Aḥruf wurde in den Qirāʾāt bewahrt.
- Einige der Aḥruf wurden in der letzten Rezension zwischen dem Propheten ﷺ und Jibrīl a.s. abrogiert.
- Die Qirāʾāt sind somit die gültige Form der Rezitation, auf die sich die Umma geeinigt hat.
Die ʿUṯmānische Kompilation
- Unter Abū Bakr raḍiyallāhu ʿanhu wurde der Qur’an erstmals gesammelt. - Unter ʿUṯmān raḍiyallāhu ʿanhu wurde der Text auf einen Dialekt (Quraysh) vereinheitlicht und alle anderen Musḥaf-Versionen wurden verbrannt. - Nur jene Aḥruf, die mit dem ʿUṯmānischen Musḥaf kompatibel waren, blieben erhalten – andere wurden abrogiert.
Unterschiede zwischen Qirāʾah und Ḥarf
| Qirāʾah | Ḥarf |
|---|---|
| Überlieferte Rezitationsweise | Ausdrucksform der Offenbarung |
| Bezieht sich auf einzelne Lesarten | Bezieht sich auf Kategorien sprachlicher Variation |
| Maximal 10 anerkannt | Ursprünglich 7 offenbart |
| An den Uthmānischen Muṣḥaf gebunden | Frühislamische Flexibilität in der Rezitation |
Wichtig
Nicht jede Qirāʾah ist ein eigener ḥarf, aber jede Qirāʾah enthält Elemente eines oder mehrerer Aḥruf.
